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Version vom 30. Mai 2020, 09:23 Uhr
Inhaltsverzeichnis
- 1 Die Geschichte der floristischen Kartierung Bayerns und planmäßigen Erfassung der bayerischen Flora
- 1.1 Die Anfänge der floristischen Erfassung in Bayern
- 1.2 Die erste bayerische Flora − 1789
- 1.3 Die Regensburgische Botanische Gesellschaft (RBG) − seit 1790
- 1.4 Staatlicher Auftrag zur botanischen Erforschung des Königreiches Bayern − seit 1840
- 1.5 Die Bayerische Botanische Gesellschaft (BBG) − seit 1890
- 1.6 Eine umfassende Flora von Bayern − 1914
- 1.7 Die Centralstelle in München − seit 1900
- 1.8 Die Zentralstelle für die Floristische Kartierung Bayerns bzw. Deutschlands, Bereich Süd in Regensburg − seit 1973
- 1.9 Der Verbreitungsatlas der Farn- und Blütenpflanzen Bayerns − 1990
- 1.10 Das Portal „Botanischer Informationsknoten Bayern“ (BIB) − seit 2003
- 1.11 Die Arbeitsgemeinschaft Flora von Bayern − seit 2011
- 1.12 Das Wiki der Flora von Bayern als Kommunikations- und Wissensplattform − seit 2013
- 1.13 Management und Archivierung der Flora-von-Bayern Beobachtungsdaten am SNSB IT Center − seit 2013
- 1.14 Kommentierte Artenliste der Farn- und Blütenpflanzen Bayerns − 2014
- 1.15 Koordinationsstelle zum Florenschutz in Bayern − seit 2018
- 2 Literatur
Die Geschichte der floristischen Kartierung Bayerns und planmäßigen Erfassung der bayerischen Flora
Die Geschichte der floristischen Erforschung Bayerns im Bereich Gefäßpflanzen lässt sich über 460 Jahre zurückverfolgen. Die letzten gut 100 Jahre beinhalten auch die Geschichte der planmäßigen Erfassung der bayerischen Flora und damit auch die Geschichte der bayerischen Zentralstellen in München und Regensburg bis zur Gründung der Arbeitsgemeinschaft Flora von Bayern 2011 und Datenhaltung im digitalen Zeitalter.
Die Anfänge der floristischen Erfassung in Bayern
Die Anfänge der botanischen Erforschung Bayerns reichen bis in das 16. Jahrhundert zurück. Hier tauchen Namen wie Fuchs et al. (1542)[1], Agricola (1541) und Gretser (1591) auf, deren Anliegen jedoch mehr die Beschreibung medizinischer Pflanzen und ihrer Anwendung ist − weniger die Feststellung ihrer Fundorte.
Das bemängelt auch Schrank (1789a), der Verfasser der ersten bayerischen Flora:„Der älteste Botanist, der, meines Wissens, in Baiern botanisiert hat, ist der berühmte Leonhart Fuchsius, der im J. 1542 zu Basel seine Historia plantarum in Folia herausgab, ohne dass aber dadurch Baierns Flora das Geringste gewonnen hätte, weil er an keinem einzigen Orte eine Pflanze namhaft macht, die er in Baiern gesammelt hätte.“
Das war wohl etwas zu kritisch gesehen, denn immerhin legten diese „Väter der Botanik“ mit ihren oft prachtvollen Werken die Grundsteine für die Kenntnis der Pflanzen − auch in Bayern.
Anfang des 17. Jahrhunderts erscheinen mit Jungermann & Hofmann (1615) und Menzel & Menzel (1618) die ersten Lokalfloren in dem Gebiet, das später einmal Bayern sein würde.
Lokalfloren gehören in der Folge zu den wichtigsten Eckpfeilern der floristischen Erforschung. In einer Lokalflora werden die in einem bestimmten eng begrenzten Gebiet gefundenen Pflanzen aufgezählt. In aller Regel handelt es sich hierbei um den Wohnort des Autors mit einem Umkreis, der etwa einem Tagesmarsch entspricht. Meistens enthalten diese Lokalfloren noch Angaben wie Standort und Häufigkeit oder irgendwelche Besonderheiten. Lokalfloren werden bis heute erstellt, ihre Anzahl erreicht aber im 19. Jahrhundert einen gewissen Höhepunkt − sicher auch eine Folge der Herausgabe der ersten bayerischen Flora.
Die erste bayerische Flora − 1789
Schrank stellt hier 1.369 Gefäßpflanzen und 484 Kryptogamen zusammen und beschreibt deren Standorte und Besonderheiten, sehr oft auch die Fundorte. Als Quellen für seine Flora gibt er die bis dahin erschienenen Lokalfloren, verschiedene Einzelabhandlungen, Herbarien, seine eigenen Reisen und die Korrespondenz mit etlichen Gebietskennern an.
Damit dürfte Schrank die erste floristische Datensammlung auf bayerischem Boden zusammengetragen haben.
Unter den Gebietskennern wird auch ein Dr. David Heinrich Hoppe erwähnt, „der seit zwey Jahren unermüdet die Pflanzen um Regensburg sammelt“ (Schrank 1789a).
Die Regensburgische Botanische Gesellschaft (RBG) − seit 1790
Dr. David Heinrich Hoppe gründete 1790 mit der Regensburgischen Botanischen Gesellschaft die erste botanische Gesellschaft in Bayern, mit dem Anspruch, sich botanischen Themen weltweit zu widmen. Noch heute pflegt und fördert sie als älteste noch existierende botanische Gesellschaft der Welt die Botanik, jetzt allerdings insbesondere die Erforschung der heimischen Pflanzenwelt und unterstützt die Bestrebungen des Naturschutzes. Die Regensburgische Botanische Gesellschaft gab unter der Redaktion ihres 1. Vorsitzenden Hoppe das „Botanische Taschenbuch für die Anfänger dieser Wissenschaft und der Apothekerkunst“ heraus (Hoppe 1791). Außerdem erschien in seit 1818 ununterbrochener Tradition die „Botanische Zeitung“ welche Recensionen, Abhandlungen, Aufsaetze, Neuigkeiten und Nachrichten, die Botanik betreffend enthält, später „Flora“ genannt.
In der Folge werden in Bayern noch etwa ein Dutzend botanische bzw. naturhistorische Gesellschaften gegründet.
Staatlicher Auftrag zur botanischen Erforschung des Königreiches Bayern − seit 1840
Aufgrund einer Anregung und späteren Auftrags von Kronprinz Maximilian − ab 1848 König Maximilian II von Bayern − rief die königliche Akademie der Wissenschaften anlässlich einer Sitzung 1840 (?) zur botanischen Erforschung des Königreiches Bayern auf. Carl Friedrich Philipp von Martius entwickelte dazu ein Programm, das er 1850 veröffentlichte (Martius 1850a, Martius 1850b). Für die Sammlung von Information zur Verbreitung der Arten des Königreiches Bayern wurden unter der Obhut und auf Kosten der botanischen Kommission der Akademie erstmals gedruckte Artenlisten (Strichlisten) an die einzelnen Landgerichtsbezirke ausgegeben, auf denen Beobachtungen markiert werden sollten (Martius 1850a: 3).
Parallel dazu wurde zur Hinterlegung von gepressten Pflanzen aufgerufen und Otto Sendtner ab 1854 zum "1. Konservator" am "Herbarium Regium Monacense" ernannt. Das "Staatsherbarium" selbst wurde 1813 an der königlichen Akademie der Wissenschaften gegründet durch den Erwerb des Schreber´schen Herbariums (Bachmann 1966: 157−158, Martius 1850c). Die staatlichen Sammlungen der Akademie inkl. Botanischer Garten und Staatsherbarium wurden zunächst als "Attribute" geführt. Per Verordnung von König Ludwig I wurden dann 1827 diese Akademie-Attribute sowie auch die Sammlungen der Ludwigs-Maximilians-Universität wie das Universitätsherbarium (unter Wahrung der Eigentumsrechte der LMU) in das unabhängige "General-Conservatorium der wissenschaftlichen Sammlungen des Staates", heute Staatliche Naturwissenschaftliche Sammlungen Bayerns (SNSB), eingegliedert (Bachmann 1966, Körner 2016, Martius 1850c).
Martius (1850c: 310−311) berichtet der königlichen Akademie der Wissenschaften, dass − wie gefordert (Martius 1850a: 2−3) − am königlichen Herbarium zu München ein "Herbarium boicum" angelegt wurde. Diese "vaterländische Sammlung", betreut durch Otto Sendtner, solle "alle bisher in Bayern angegebenen ...Pflanzen nebst den einschlägigen pflanzengeographischen Notizen umfassen". Entsprechend gekennzeichnete Herbarbögen und Umschläge finden sich in allen Abteilungen der Botanischen Staatssammlung München und sind an ihrem ursprünglichen Stempel erkennbar.
Erweitert um Holz-, Früchte-, Samen- und Alkoholsammlungen wurde das "Herbarium Regium Monacense" dann ab 1891 "Königliches Botanisches Museum" bzw. ab 1918 "Botanisches Museum" genannt (Radlkofer 1926b: 279−287). Seit 1937 wird das "Botanische Museum" (Staatsherbarium), das Herbarium boicum des Staates, die 1809 in Landshut begründete "Botanische Sammlung" der LMU (Radlkofer 1926a: 218−220) und das von Karl von Goebel ab 1891 betreute Kryptogamen-Herbar wie auch die "Botanische Schausammlung" des pflanzenphysiologischen Instituts zusammengenommen als Botanische Staatssammlung München bezeichnet (Hertel & Schreiber 1988, Kupper 1926, Merxmüller 1977). Die Botanische Staatssammlung München (Akronym: M) hat − als nachgeordnete Dienststelle der SNSB − ab 1947 ein eigenes Direktorium (Hertel & Schreiber 1988, Merxmüller 1977). Neben der Botanischen Staatssammlung München setzen auch einige universitäre Herbarien und Sammlungen naturwissenschaftlicher Fachgesellschaften in Bayern die Tradition der wissenschaftlichen Erforschung der Flora von Bayern fort. Dies geschieht unter anderem durch Anwendung neuer Methoden zur Sippenklärung und Projekten zur Herbardigitalisierung.
Publizierte Ergebnisse der staatlich unterstützten Initiative ab 1840 waren u.a. eine kleine Exkursionsflora für den "Pflanzenfreund" (Schnizlein 1847) und drei Monographien zur Vegetation und Flora, die insgesamt einen großen Teil Bayerns abdeckten (Schnizlein & Frickhinger 1848, Sendtner 1854, Sendtner 1860).
In Bayerischen Landesfloren wurden später einige Gesichtspunkte des Programmes von Martius wie Angaben zu Verbreitungsbezirken und Höhengrenzen realisiert (Prantl 1884, Vollmann 1914).
Die Bayerische Botanische Gesellschaft (BBG) − seit 1890
Besonders wichtig für die weitere Erforschung der Flora von Bayern war, dass sich 1890 einige Münchner Mitglieder vom Botanischen Verein Landshut absonderten und einen eigenen Verein gründeten, den sie "Botanische Gesellschaft zur Erforschung der heimischen Flora" nannten. Entsprechend lautet auch der erste Satz ihrer Statuten: „Zweck der Gesellschaft ist die planmäßige Erforschung der gesamten Phanerogamen- und Kryptogamenflora des diesrheinischen Bayern.“ („diesrheinisch“ deshalb, weil seit 1819 auch die linksrheinische Pfalz zu Bayern gehörte).
Tatsächlich kann man den Beginn einer planmäßigen und koordinierten Erfassung der Flora Bayerns unter breiter Beteiligung von Pflanzenkennern außerhalb staatlicher und universitärer Institute mit der Gründung der BBG gleichsetzen. Allerdings darf man nicht vergessen, dass diese Entwicklung ebenso wie der weitere Verlauf ohne die Vorarbeiten angeregt durch die königliche Akademie der Wissenschaften sowie ohne die Tätigkeiten der anderen botanischen Gesellschaften nicht möglich gewesen wäre. Erste Verbreitungskarten zu Pflanzen in Bayern waren bereits vor der Gründung der Bayerischen Botanischen Gesellschaft (BBG) erschienen.
In den Schriften der BBG "Berichte der Bayerischen Botanischen Gesellschaft" (Band 1 erschienen 1891) wurden durch den Vorstand ab 1896 erste Vorarbeiten zu einer Flora Bayerns bereits mit bildlichen Darstellungen der Artvorkommen in 16 bayerischen Regionen publiziert (Anonym 1896). Auch wurden Neufunde bekannt gegeben sowie Bestimmungsschlüssel für schwierige Artengruppen, Bibliographien und Anleitungen zur Kartierung geliefert − also im Grunde schon genau das, was die Berichte wie auch die online-Portale zur Bayernflora heute noch bieten.
Eine umfassende Flora von Bayern − 1914
Bereits 1900 mahnte Gradmann anläßlich eines später auszugsweise publizierten Vortrags, den er vor Mitgliedern der Bayerischen Botanischen Gesellschaft hielt: „Zu den dringenden Aufgaben der heutigen Wissenschaft gehört ohne Zweifel die Herstellung pflanzengeographischer Karten.“(Gradmann 1900).
Damit meinte er die Darstellung von sog. „pflanzengeographischen Genossenschaften“ (siehe Gradmann 1900b), also von Artengruppen mit ähnlichen Standortsbedürfnissen und damit ähnlichen Verbreitungsbildern auf einer Karte als Beilage für die Floren. Solche Genossenschaften waren z.B. die „Montane Hochmoorgenossenschaft“ oder die „Südeuropäische Steppengenossenschaft“. An die Herstellung von Atlanten mit Verbreitungskarten aller Arten dachte damals noch niemand.
Gradmann schlug vor, die Fundorte für etwa 70 leicht erkennbare Charakterarten dieser Genossenschaften mit Hilfe aller bayerischen Botaniker zusammenzustellen. Außerdem empfahl er ein System von Vertrauensmännern, die die Informationen in den ihnen zugewiesenen Bezirken sammeln und an eine „Centralstelle“ weitergeben sollten.
Dieser Vorschlag wurde von den Mitgliedern der BBG sofort angenommen und mit Unterstützung des Staatsherbariums bzw. Königlichen Botanischen Museums (F. W. Neger) in die Tat umgesetzt: Bayern wurde in Bezirke eingeteilt und mit Vertrauensmännern besetzt. Der Sitz der Centralstelle war in München an der BBG. Dieses System wird bis heute in ähnlicher Form beibehalten (Organisation der Zentralstelle zeitweise in Regensburg, siehe heute Organisation der AG Flora von Bayern).
Erste Ergebnisse dieser pflanzengeographischen Durchforschung wurden von Paul (1910) anhand einiger Moorpflanzen abgebildet. Allerdings wurden dann doch nicht die Areale pflanzengeographischer Genossenschaften publiziert, sondern Punktverbreitungskarten einiger weniger Arten.
Erst 1938 brachte Gauckler − ein Schüler Gradmanns − für Nordbayern eine ganze Reihe von Punktverbreitungskarten heraus (Gauckler 1938).
Die Zentralstelle für die Floristische Kartierung Bayerns bzw. Deutschlands, Bereich Süd in Regensburg − seit 1973
Wichtig für den weiteren Fortschritt in der Floristischen Kartierung war der Impuls durch das Erscheinen des „Atlas of the British Flora“ (Perring & Walters 1962), der die Verbreitung der Arten nicht in Punktkarten darstellte, sondern in Rasterkarten (was bereits durch eine weit weniger aufwändige Kartierung möglich ist als im Falle von Punktkarten). Angeregt durch die Vorschläge der Briten kam es zu einer Mitteleuropakartierung (Ehrendorfer & Hamann 1965) und schließlich auch zu dem Plan, Bayern in Quadrantenraster zu kartieren (Bresinsky 1966).
Die Bayernkartierung begann zunächst in Südbayern. Mit der Gründung der vier nordbayerischen Regionalstellen (1972) wurde die Erfassung der Gefäßpflanzenflora Bayerns im ganzen Gebiet in Gang gesetzt. Mit dem Wechsel von Prof. Dr. Andreas Bresinsky und Prof. Dr. Peter Schönfelder Ende 1973 von München bzw. Stuttgart nach Regensburg lag die Koordination der Kartierung und die Herausgabe der Verbreitungsatlanten bei den Genannten. Es wurde die „Zentralstelle für die Floristische Kartierung Bayerns“ mit Standort Regensburg gegründet.
Ziel der Mitteleuropakartierung − und damit auch der Deutschland- bzw. Bayernkartierung − war es, mit den begrenzten Mitteln und Mitarbeitern in vertretbarer Zeit die Areale aller Arten und möglichst vieler Klein- und Unterarten festzustellen. Dabei war es gar nicht anders möglich, als sich im Informationsgehalt auf das Notwendige zu beschränken (Rasterfeld, Status, Quelle, Datum).
Die Ergebnisse von gut zwei Jahrzehnten Kartierungen und Auswertungen wurden unter Beteiligung hunderter ehrenamtlicher Kartierer 1989 im Atlas der Farn- und Blütenpflanzen der Bundesrepublik Deutschland im TK25-Raster veröffentlicht (Haeupler & Schönfelder 1989). Regensburg − jetzt als die „Zentralstelle für die Floristische Kartierung Deutschlands, Bereich Süd“ − war hierbei für die Sammlung der Daten in Bayern, Baden-Württemberg, Saarland und Rheinland-Pfalz zuständig.
Die Aufgaben der Zentralstelle der Floristischen Kartierung Bayerns wurden ab 2011 durch die AG Flora von Bayern übernommen.
Der Verbreitungsatlas der Farn- und Blütenpflanzen Bayerns − 1990
1990 schließlich gaben Prof. Dr. Peter Schönfelder und Prof. Dr. Andreas Bresinsky den Verbreitungsatlas der Farn- und Blütenpflanzen Bayerns heraus (Schönfelder & Bresinsky 1990). Das Werk basiert auf über 1 Mio Geländedaten, erhoben zwischen 1967 und 1983 in 17 Jahren Geländearbeit, sowie auf ausführlichen Literatur- und Herbarauswertungen (→ Liste aller Mitarbeiter, Autoren und Herausgeber). Die floristischen Daten wurden als Verbreitungskarten im TK25-Quadranten-Raster publiziert. Die dort zusammengetragenen Informationen bilden auch heute noch eine der wichtigsten Datengrundlagen für die floristische Kartierung Bayerns.
Das Portal „Botanischer Informationsknoten Bayern“ (BIB) − seit 2003
Seit 1997, dem Ende einer zeitweiligen Finanzierung durch das Bundesamt für Naturschutz und der Aufnahme von Unterstützungen durch das Bayerische Landesamt für Umweltschutz, konzentrierte die Zentralstelle für die Floristische Kartierung Bayerns bzw. Süddeutschlands in Regensburg ihre Tätigkeiten (wieder) auf Bayern. Unterstützt durch ein Projekt des Arbeitskreises „Botanik“ des Landesbundes für Vogelschutz (LBV) und der Zentralstelle für die Floristische Kartierung Bayerns konnte das Portal „Botanischer Informationsknoten Bayern“ (BIB) initiiert und die Grundlagen dafür gelegt werden. 2003 bis 2015 wurde BIB technisch wie inhaltlich betreut durch Wolfgang Ahlmer und Martin Scheuerer. In dieser Zeit wurde es zu einer allgemein anerkannten und viel genutzten Informationsquelle für botanisch Interessierte in und außerhalb von Bayern. Es liefert u. a. dynamisch erzeugte Verbreitungskarten und Steckbriefe zu den Gefäßpflanzen Bayerns.
Parallel dazu verlagerte die Zentralstelle in Regensburg am Lehrstuhl für Botanik (Lehrstuhlinhaber seit 2001: Prof. Dr. Peter Poschlod) ihre Aktivitäten weg von der bloßen Feststellung der Areale der einzelnen Gefäßpflanzen-Arten und der Betreuung ehrenamtlicher Mitarbeiter der floristischen Kartierung Bayerns hin zu einer Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Landesamt für Umweltschutz zur Verbesserung der Datengrundlagen für den botanischen Artenschutz (Scheuerer & Ahlmer 2003) (s.a. Rote Liste).
Seit 2016 wird das Portal am IT-Zentrum der Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns gehostet and dort technisch weiterentwickelt. Die fachlich inhaltliche Betreuung liegt vor allem bei der AG Flora von Bayern.
Die Arbeitsgemeinschaft Flora von Bayern − seit 2011
2011 wurde die Arbeitsgemeinschaft Flora von Bayern gegründet (Meierott 2011). Sie setzt die Arbeiten der Zentralstelle für die Floristische Kartierung Bayerns fort und hat sich zum Ziel gesetzt, die Flora des gesamten Freistaates zu erfassen, darzustellen und hinsichtlich der durch Landnutzung und Klimawandel verursachten Veränderungen auszuwerten. Sie veranstaltet seit 2011 jährlich den Tag der Bayernflora. Einen Rückblick auf die Geschichte der Bayerischen Botanischen Gesellschaft "zur Erforschung der heimischen Flora" verbunden mit der Geschichte der floristischen Erkundung Bayerns und Ideen zu deren Perspektiven vermittelt die Publikation von Bresinsky (2014). Seit 2018 besitzt die AG Flora von Bayern einen Fachbeirat mit aktuell 10 Mitgliedern.
Das Wiki der Flora von Bayern als Kommunikations- und Wissensplattform − seit 2013
Seit Oktober 2013 gibt es das Wiki zur Flora von Bayern, dessen inhaltlicher wie technischer Aufbau vom World Wildlife Fund For Nature Deutschland (WWF Deutschland) und der Bayerischen Botanischen Gesellschaft bis 2016 gefördert wurde. Die Plattform dient vor allem der Kommunikation und Weiterbildung und soll die Zusammenarbeit der Kartierer unterstützen, Universitäten, Hochschulen und Naturschutzbehörden ansprechen sowie den botanisch interessierten Bürger in Diskussionsprozesse mit einbeziehen. Weitere Informationen zu Projekt und Mitarbeitern finden sich unter Flora von Bayern – Kommunikationsplattform. Das Wiki ist Teil der biowikifarm. Die inhaltliche Betreuung liegt derzeit vor allem in den Händen von Mitarbeitern der AG Flora von Bayern.
Management und Archivierung der Flora-von-Bayern Beobachtungsdaten am SNSB IT Center − seit 2013
Seit Ende 2013 wird die Datenhaltung der Flora-von-Bayern Beobachtungsdaten unter Verwendung von Diversity Workbench (DWB) Datenbanken neu organisiert. Entsprechende IT-Infrastruktur wird am IT Zentrum der Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns aufgebaut. Eine Förderung erfolgt durch das Landesamt für Umwelt:
- Flora von Bayern – Datenfluss DWB und FIS-Natur 2013 − 2016; --> Pressemitteilung zum Start
- Flora von Bayern – Datenmanagement DWB und Konzeptentwicklung Flora 2013 − 2018; --> Bayernflora Aktuelles
- Koordinationsstelle für Florenschutz in Bayern 2018 − 2022; --> Bayernflora Aktuelles
Kommentierte Artenliste der Farn- und Blütenpflanzen Bayerns − 2014
Im Dezember 2014 erschien die neue "Kommentierte Artenliste". Die Autoren Dr. Wolfgang Lippert (2018 verstorben) und Prof. Dr. Lenz Meierott behandeln alle seit Vollmann 1914 mit einem Vorkommen in Bayern nachgewiesenen Arten, Unterarten und Hybriden, darunter auch zahlreiche bisher unbekannte und für Bayern „neue“ Sippen. Unterstützt wurden sie maßgeblich von Wolfgang Ahlmer, Friedrich Fürnrohr, Günter Gottschlich und Franz Schuhwerk (†). Gefördert wurde das Erscheinen der Neuerfassung aller bayerischen Pflanzensippen durch den Bayerischen Naturschutzfonds, das IT Zentrum der Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns und das Bayerische Landesamt für Umwelt. Weitere Informationen zu Lippert & Meierott 2014 und Lippert & Meierott 2018 finden Sie auf der Projektseite.
Koordinationsstelle zum Florenschutz in Bayern − seit 2018
Im Mai 2018 wurde an der SNSB − Botanischen Staatssammlung München eine Koordinationsstelle für Florenschutz in Bayern etabliert. Sie führt ab sofort ehrenamtlich arbeitende Pflanzenkenner, Behörden, Verbände, Universitäten und Wissenschaftler zum Schutz der bayerischen Flora zusammen, unterstützt durch das Bayerische Landesamt für Umwelt. Die neu geschaffene Koordinationsstelle beschäftigt sich mit der Verbreitung von Arten, der Zusammensetzung der Flora sowie dem Arten- und Habitatschutz. Außerdem führt sie am SNSB IT-Zentrum Daten zur Flora von Bayern aus verschiedensten Quellen zusammen und prüft diese technisch sowie fachlich. So wird die zentrale Grundlage für eine dauerhafte Dokumentation und ein Verständnis des Wandels der heimischen Pflanzenwelt Bayerns geschaffen. Im März 2019 gab das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz eine Pressemitteilung zum Projekt heraus unter dem Titel "Artenschutz wird digital: 14 Millionen Nachweise von über 4.000 bayerischen Pflanzenarten zentral erfasst". Ende 2019 erschien eine erste Analyse des DWB Datenbestandes zum Projekt "Flora von Bayern" mit Fokus auf der Anwendung floristischer Statuskategorien über die Zeit (Ruff et al. 2019).
Literatur
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