Geschichte
Inhaltsverzeichnis
- 1 Die Geschichte der floristischen Kartierung Bayerns
- 1.1 Die Anfänge der floristischen Erfassung in Bayern
- 1.2 Die erste bayerische Flora − 1789
- 1.3 Die Regensburgische Botanische Gesellschaft (RBG) − seit 1790
- 1.4 Die Bayerische Botanische Gesellschaft (BBG) − seit 1890
- 1.5 Eine umfassende Flora von Bayern − 1914
- 1.6 Die Centralstelle in München − seit 1900
- 1.7 Die Zentralstelle für die Floristische Kartierung Bayerns bzw. Deutschlands, Bereich Süd in Regensburg − seit 1973
- 1.8 Der Verbreitungsatlas der Farn- und Blütenpflanzen Bayerns − 1990
- 1.9 Das Portal „Botanischer Informationsknoten Bayern“ (BIB) − seit 2003
- 1.10 Die Arbeitsgemeinschaft Flora von Bayern − seit 2011
- 1.11 Kommentierte Artenliste der Farn- und Blütenpflanzen Bayerns
- 2 Literatur
Die Geschichte der floristischen Kartierung Bayerns
Die Geschichte der floristischen Erforschung Bayerns im Bereich Gefäßpflanzen lässt sich über 460 Jahre zurückverfolgen. Die letzten gut 100 Jahre beinhalten auch die Geschichte der planmäßigen Erfassung der bayerischen Flora und damit auch die Geschichte der bayerischen Zentralstellen in München und Regensburg bis zur Gründung der Arbeitsgemeinschaft Flora von Bayern im Jahre 2011.
Die Anfänge der floristischen Erfassung in Bayern
Die Anfänge der botanischen Erforschung Bayerns reichen bis in das 16. Jahrhundert zurück. Hier tauchen Namen wie Fuchs et al. (1542)[1], Agricola (1541) und Gretser (1591) auf, deren Anliegen jedoch mehr die Beschreibung medizinischer Pflanzen und ihrer Anwendung ist − weniger die Feststellung ihrer Fundorte.
Das bemängelt auch Schrank (1789a), der Verfasser der ersten bayerischen Flora:„Der älteste Botanist, der, meines Wissens, in Baiern botanisiert hat, ist der berühmte Leonhart Fuchsius, der im J. 1542 zu Basel seine Historia plantarum in Folia herausgab, ohne dass aber dadurch Baierns Flora das Geringste gewonnen hätte, weil er an keinem einzigen Orte eine Pflanze namhaft macht, die er in Baiern gesammelt hätte.“
Das war wohl etwas zu kritisch gesehen, denn immerhin legten diese „Väter der Botanik“ mit ihren oft prachtvollen Werken die Grundsteine für die Kenntnis der Pflanzen − auch in Bayern.
Anfang des 17. Jahrhunderts erscheinen mit Jungermann & Hofmann (1615) und Menzel & Menzel (1618) die ersten Lokalfloren in dem Gebiet, das später einmal Bayern sein würde.
Lokalfloren gehören in der Folge zu den wichtigsten Eckpfeilern der floristischen Erforschung. In einer Lokalflora werden die in einem bestimmten eng begrenzten Gebiet gefundenen Pflanzen aufgezählt. In aller Regel handelt es sich hierbei um den Wohnort des Autors mit einem Umkreis, der etwa einem Tagesmarsch entspricht. Meistens enthalten diese Lokalfloren noch Angaben wie Standort und Häufigkeit oder irgendwelche Besonderheiten. Lokalfloren werden bis heute erstellt, ihre Anzahl erreicht aber im 19. Jahrhundert einen gewissen Höhepunkt − sicher auch eine Folge der Herausgabe der ersten bayerischen Flora.
Die erste bayerische Flora − 1789
Schrank stellt hier 1.369 Gefäßpflanzen und 484 Kryptogamen zusammen und beschreibt deren Standorte und Besonderheiten, sehr oft auch die Fundorte. Als Quellen für seine Flora gibt er die bis dahin erschienenen Lokalfloren, verschiedene Einzelabhandlungen, Herbarien, seine eigenen Reisen und die Korrespondenz mit etlichen Gebietskennern an.
Unter den Gebietskennern wird auch ein Dr. David Heinrich Hoppe erwähnt, „der seit zwey Jahren unermüdet die Pflanzen um Regensburg sammelt“ (Schrank 1789a).
Die Regensburgische Botanische Gesellschaft (RBG) − seit 1790
Dr. David Heinrich Hoppe gründete 1790 mit der Regensburgischen Botanischen Gesellschaft die erste botanische Gesellschaft in Bayern, mit dem Anspruch, sich botanischen Themen weltweit zu widmen. Noch heute pflegt und fördert sie als älteste noch existierende botanische Gesellschaft der Welt die Botanik, jetzt allerdings insbesondere die Erforschung der heimischen Pflanzenwelt und unterstützt die Bestrebungen des Naturschutzes. Die Regensburgische Botanische Gesellschaft gab unter der Redaktion ihres 1. Vorsitzenden Hoppe das „Botanische Taschenbuch für die Anfänger dieser Wissenschaft und der Apothekerkunst“ heraus (Hoppe 1791). Außerdem erschien in seit 1818 ununterbrochener Tradition die „Botanische Zeitung“ welche Recensionen, Abhandlungen, Aufsaetze, Neuigkeiten und Nachrichten, die Botanik betreffend enthält, später „Flora“ genannt.
In der Folge werden in Bayern noch etwa ein Dutzend botanische bzw. naturhistorische Gesellschaften gegründet.
Die Bayerische Botanische Gesellschaft (BBG) − seit 1890
Besonders wichtig für die weitere Erforschung der Flora von Bayern war aber, dass sich 1890 einige Münchner Mitglieder vom Botanischen Verein in Landshut absonderten und einen eigenen Verein gründeten, den sie „Bayerische Botanische Gesellschaft zur Erforschung der heimischen Flora“ nannten. Entsprechend lautet auch der erste Satz ihrer Statuten: „Zweck der Gesellschaft ist die planmäßige Erforschung der gesamten Phanerogamen- und Kryptogamenflora des diesrheinischen Bayern.“ („diesrheinisch“ deshalb, weil seit 1819 auch die linksrheinische Pfalz zu Bayern gehörte).
Tatsächlich kann man den Beginn zumindest der koordinierten Erfassung der Flora Bayerns mit der Gründung der BBG gleichsetzen. Allerdings darf man nicht vergessen, dass diese Entwicklung ebenso wie der weitere Verlauf ohne die Tätigkeiten der anderen botanischen Gesellschaften nicht möglich gewesen wäre und erste Verbreitungskarten zu Pflanzen in Bayern bereits vorher erschienen waren.
In den Schriften der BBG (Bayerische Botanische Gesellschaft 1896) wurden durch den Vorstand ab 1896 erste Vorarbeiten zu einer Flora Bayerns bereits mit bildlichen Darstellungen der Artvorkommen in 16 bayerischen Regionen publiziert. Auch wurden Neufunde bekannt gegeben sowie Bestimmungsschlüssel für schwierige Artengruppen, Bibliographien und Anleitungen zur Kartierung geliefert − also im Grunde schon genau das, was wir heute noch bieten.
Eine umfassende Flora von Bayern − 1914
Bereits 1900 mahnte Gradmann: „Zu den dringenden Aufgaben der heutigen Wissenschaft gehört ohne Zweifel die Herstellung pflanzengeographischer Karten.“(Gradmann 1900)
Damit meinte er die Darstellung von sog. „pflanzengeographischen Genossenschaften“, also von Artengruppen mit ähnlichen Standortsbedürfnissen und damit ähnlichen Verbreitungsbildern auf einer Karte als Beilage für die Floren. Solche Genossenschaften waren z.B. die „Montane Hochmoorgenossenschaft“ oder die „Südeuropäische Steppengenossenschaft“. An die Herstellung von Atlanten mit Verbreitungskarten aller Arten dachte damals noch niemand.
Gradmann schlug vor, die Fundorte für etwa 70 leicht erkennbare Charakterarten dieser Genossenschaften mit Hilfe aller bayerischen Botaniker zusammenzustellen. Außerdem empfahler ein System von Vertrauensmännern vor, die die Informationen in den ihnen zugewiesenen Bezirken sammeln und an eine „Centralstelle“ weitergeben sollten.
Dieser Vorschlag wurde von der BBG sofort angenommen und in die Tat umgesetzt: Bayern wurde in Bezirke eingeteilt und mit Vertrauensmännern besetzt. Der Sitz der Centralstelle war die BBG in München. Dieses System wird bis heute in ähnlicher Form beibehalten (Organisation der Zentralstelle in Regensburg und der AG Flora von Bayern).
Erste Ergebnisse dieser pflanzengeographischen Durchforschung wurden von Paul (1910) anhand einiger Moorpflanzen abgebildet. Allerdings wurden dann doch nicht die Areale pflanzengeographischer Genossenschaften publiziert, sondern Punktverbreitungskarten einiger weniger Arten.
Erst 1938 brachte Gauckler − ein Schüler Gradmanns − für Nordbayern eine ganze Reihe von Punktverbreitungskarten heraus (Gauckler 1938).
Die Zentralstelle für die Floristische Kartierung Bayerns bzw. Deutschlands, Bereich Süd in Regensburg − seit 1973
Wichtig für den weiteren Fortschritt in der Floristischen Kartierung war der Impuls durch das Erscheinen des „Atlas of the British Flora“ (Perring & Walters 1962), der die Verbreitung der Arten nicht in Punktkarten darstellte, sondern in Rasterkarten (was bereits durch eine weit weniger aufwändige Kartierung möglich ist als im Falle von Punktkarten). Angeregt durch die Vorschläge der Briten kam es zu einer Mitteleuropakartierung (Ehrendorfer & Hamann 1965) und schließlich auch zu dem Plan, Bayern in Quadrantenraster zu kartieren (Bresinsky 1966).
Die Bayernkartierung begann zunächst in Südbayern. Mit der Gründung der vier nordbayerischen Regionalstellen (1972) wurde die Erfassung der Gefäßpflanzenflora Bayerns im ganzen Gebiet in Gang gesetzt. Mit dem Wechsel von Prof. Dr. Andreas Bresinsky und Prof. Dr. Peter Schönfelder Ende 1973 von München bzw. Stuttgart nach Regensburg lag die Koordination der Kartierung und die Herausgabe der Verbreitungsatlanten bei den Genannten. Es wurde die „Zentralstelle für die Floristische Kartierung Bayerns“ mit Standort Regensburg gegründet.
Ziel der Mitteleuropakartierung − und damit auch der Deutschland- bzw. Bayernkartierung − war es, mit den begrenzten Mitteln und Mitarbeitern in vertretbarer Zeit die Areale aller Arten und möglichst vieler Klein- und Unterarten festzustellen. Dabei war es gar nicht anders möglich, als sich im Informationsgehalt auf das Notwendige zu beschränken (Rasterfeld, Status, Quelle, Datum).
Die Ergebnisse von gut zwei Jahrzehnten Kartierungen und Auswertungen wurden unter Beteiligung hunderter ehrenamtlicher Kartierer 1989 im Atlas der Farn- und Blütenpflanzen der Bundesrepublik Deutschland im TK25-Raster veröffentlicht (Haeupler & Schönfelder 1989). Regensburg − jetzt als die „Zentralstelle für die Floristische Kartierung Deutschlands, Bereich Süd“ − war hierbei für die Sammlung der Daten in Bayern, Baden-Württemberg, Saarland und Rheinland-Pfalz zuständig.
Der Verbreitungsatlas der Farn- und Blütenpflanzen Bayerns − 1990
1990 schließlich gaben Prof. Dr. Peter Schönfelder und Prof. Dr. Andreas Bresinsky den Verbreitungsatlas der Farn- und Blütenpflanzen Bayerns heraus (Schönfelder & Bresinsky 1990). Das Werk basiert auf über 1 Mio Geländedaten, erhoben zwischen 1967 und 1983 in 17 Jahren Geländearbeit, sowie auf ausführlichen Literatur- und Herbarauswertungen (→ Liste aller Mitarbeiter, Autoren und Herausgeber). Die floristischen Daten wurden als Verbreitungskarten im TK25-Quadranten-Raster publiziert. Die dort zusammengetragenen Informationen bilden auch heute noch eine der wichtigsten Datengrundlagen für die floristische Kartierung Bayerns.
Das Portal „Botanischer Informationsknoten Bayern“ (BIB) − seit 2003
Seit 1997, dem Ende einer zeitweiligen Finanzierung durch das Bundesamt für Naturschutz und der Aufnahme von Unterstützungen durch das Bayerische Landesamt für Umweltschutz, konzentrierte die Zentralstelle für die Floristische Kartierung Bayerns bzw. Süddeutschlands in Regensburg ihre Tätigkeiten (wieder) auf Bayern. Unterstützt durch ein Projekt des Arbeitskreises „Botanik“ des Landesbundes für Vogelschutz (LBV) und der Zentralstelle für die Floristische Kartierung Bayerns konnte das Portal „Botanischer Informationsknoten Bayern“ (BIB) initiiert und die Grundlagen dafür gelegt werden. Seit 2003 wird BIB technisch wie inhaltlich betreut durch Wolfgang Ahlmer und Martin Scheuerer. Es ist zu einer allgemein anerkannten und viel genutzten Informationsquelle für botanisch Interessierte in und außerhalb von Bayern geworden und liefert u. a. dynamisch erzeugte Verbreitungskarten und Steckbriefe zu den Gefäßpflanzen Bayerns.
Parallel dazu verlagerte die Zentralstelle in Regensburg unter der Leitung von Prof. Dr. Peter Poschlod ihre Aktivitäten weg von der bloßen Feststellung der Areale der einzelnen Gefäßpflanzen-Arten und der Betreuung ehrenamtlicher Mitarbeiter der floristischen Kartierung Bayerns hin zu einer Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Landesamt für Umweltschutz zur Verbesserung der Datengrundlagen für den botanischen Artenschutz (Scheuerer & Ahlmer 2003) (s.a. Rote Liste).
Die Arbeitsgemeinschaft Flora von Bayern − seit 2011
2011 wurde die Arbeitsgemeinschaft Flora von Bayern gegründet (Meierott 2011). Sie setzt die Arbeiten der Zentralstelle für die Floristische Kartierung Bayerns fort und hat sich zum Ziel gesetzt, die Flora des gesamten Freistaates zu erfassen, darzustellen und hinsichtlich der durch Landnutzung und Klimawandel verursachten Veränderungen auszuwerten.
Kommentierte Artenliste der Farn- und Blütenpflanzen Bayerns
Im Dezember 2014 erschien die neue "Kommentierte Artenliste". Die Autoren Dr. Wolfgang Lippert und Prof. Dr. Lenz Meierott behandeln alle seit Vollmann 1914 mit einem Vorkommen in Bayern nachgewiesenen Arten, Unterarten und Hybriden, darunter auch zahlreiche bisher unbekannte und für Bayern „neue“ Sippen. Unterstützt wurden sie maßgeblich von Wolfgang Ahlmer, Friedrich Fürnrohr, Günter Gottschlich und Franz Schuhwerk (†). Gefördert wurde das Erscheinen der Neuerfassung aller bayerischen Pflanzensippen durch den Bayerischen Naturschutzfonds, das IT Zentrum der Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns und das Bayerische Landesamt für Umwelt. Weitere Informationen finden Sie auf der Projektseite.
Literatur
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