Bayerische Pflanzen aus dem Photo-Archiv von Jürgen Schimmitat

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Der Pharmazeut Jürgen Schimmitat bei seiner großen Leidenschaft der Pflanzenfotografie

Biographisches zu Jürgen Schimmitat, Nachlass an der Bayerischen Botanischen Gesellschaft

Jürgen Schimmitat wurde 1927 in Möser bei Magdeburg geboren. Von 1951 bis 1954 studierte er Pharmazie in München, war anschließend zunächst Mitarbeiter der Donnersberger Apotheke in München, bis er 1959 mit der Veit-Stoß-Apotheke seine eigene Apotheke in München-Laim eröffnete und diese bis 1992 selbst führte. Seit 1959 war er Mitglied der Bayerischen Botanischen Gesellschaft (BBG), über 25 Jahre im Vorstand und seit 1993 deren Ehrenmitglied. Er verstarb am 12. Oktober 2001 in München. Seine umfangreiche Fotosammlung mit ausführlicher Kartei ging nach seinem Tod an die BBG (Lippert 2002).

Botanik und Fotografie als Leidenschaft, das Photo-Archiv zur mitteleuropäischen Flora

Neben der Pharmazie waren also die Botanik und die Fotografie die große Leidenschaft von J. Schimmitat. Er war der Meinung, dass zu wenig qualitätsmäßig gute Farb-Makroaufnahmen von lebenden Pflanzen verfügbar seien, die verlässlich von Botanikern identifiziert worden waren. Bereits in den frühen 60er Jahren beschloss er daher, zusammen mit seinem Freund Oskar Angerer dies zu ändern. Auf Basis der Fundangaben in der Illustrierten Flora von Mittel-Europa (Hegi 1906 ff) und in der Flora Europaea (Tutin et al. 1964-1980) unternahmen die beiden, zum Teil auch gemeinsam mit Wolfgang Lippert und anderen Botanikern, zahlreiche Reisen, um die dort aufgeführten Arten fotografisch möglichst komplett zu dokumentieren (Lippert 2002). Es entstand das "Photo-Archiv zur mitteleuropaeischen Flora. Jürgen Schimmitat" mit geschätzten 30.000 höchst professionellen Fotografien als Dias und Farbnegative. Die von J. Schimmitat zusammen mit O. Angerer entwickelte Aufnahmetechnik (Makroblitz etc., dunkler Hintergrund) sicherte eine gleichbleibend hohe Qualität bei jeder Witterung im Feld. Das Resultat waren sehr detailgetreue und sachliche Abbildungen der meist bildfüllend aufgenommenen Pflanzen. Die Farbminderung eines Teils der Originalfotos ist dem Alter geschuldet. Eine separat aufbewahrte umfangreiche Kartei dokumentiert und kommentiert die nach FloraEuropaea-Nummern bezeichneten Aufnahmen umfassend (Beispiel aus Photo-Archiv: 2 Karteikarten, jeweils Vorder- und RückseiteFarm-Fresh page white acrobat.png). Bilder von J. Schimmitat gingen in verschiedene Florenwerke ein und erscheinen gelegentlich in Portalen wie FloraWeb, dort zum Beispiel unter Dactylorrhiza ochroleuca (Boll) Holub.


Digitalisierung des Photo-Archivs

In den Jahren 2002 bis 2004 wurden in Kooperation mit dem Botanischen Garten München-Nymphenburg (BGM) durch Franz Höck die mehr als 12.000 vorhandenen Dias eingescannt. Die dazugehörigen separat aufbewahrten Karteikarten liefern Information zu Fundort, Standort und Datum der einzelnen Dias. Ein Teil dieser Information wurde in Kurzform in einer FileMaker Pro-Datenbank erhoben und verwaltet. 2014 wurden 12.263 Bild-Dateien (zu ca. 4.376 Arten) an das SNSB IT-Zentrum übergeben, auf dessen Bildserver neu organisiert sowie der Standardarchivierung über das Leibniz-Rechenzentrum (LRZ) zugeführt (Wolfgang Reichert). Die dazugehörige Kurzinformation wurden aus FileMaker Pro in MS Excel überführt. Ein DWB Importschema wurde erstellt (Wolfgang Ahlmer, 2014).

Der eigentliche Import der Kurzinformation mit Artnamen, groben Fundortangaben, Datum und den http-Adressen der rund 12.000 Bildobjekte nach Diversity Workbench steht noch aus. Die separat aufbewahrten beidseitig beschrifteten Karteikarten (rund 5.000) verzeichnen darüber hinaus ausführliche handschriftliche Fundort- und Standortangaben. Die Karten wurden von Johann Haas (BGM) von 2014 bis 2017 digitalisiert, die Farbscan-Bilder bearbeitet, montiert und umbenannt nach FloraEuropaea-Codierung (Arbeiten vorraussichtlich 2017 beendet). Der Import der http-Adressen der digitalen Farbscan-Bildobjekte sowie die Transkription der handschriftlichen punktgenauen Fundort- und Standortangaben, wie auf den Karteikarten angegeben, stellt eine weitere Aufgabe für die Zukunft dar.

Beschreibung der Datensammlung im Kontext der Flora von Bayern

Im Rahmen eines Praktikums an der Botanischen Staatssammlung München bearbeitete Varsha Gawai zusammen mit Marcel Ruff und Wolfgang Diewald 2016 die MS Excel-Datei zum Photo-Archiv. Sie wählten detailgenaues Bildmaterial von gut dokumentierten Pflanzenfunden in Bayern für die Darstellung als Teil der Steckbriefe zu den Gefäßpflanzen Bayerns aus. Die Überblicksdaten zu den Bildern mit Zuordnung zur bayerischen taxonomischen Referenzliste und zur http-Adresse des digitalen Bildmaterials wurden in die Diversity Workbench-Arbeitsumgebung der Bayernflora-Initiative importiert und über die Daten-Pipelines der Flora von Bayern für verschiedene online-Portale bereitgestellt. 2.818 Fotos von Jürgen Schimmitat erscheinen nun u. a. in den Steckbriefen von 771 Sippen. Einige Aufnahmen sind die einzigen der jeweiligen Art im Datenportal der Flora von Bayern, z. B. die Photos von Pedicularis rostratospicata subsp. rostratospicata, Rubus saxatilis und Utricularia intermedia. Einzelne Bilder wurden farbkorrigiert und werden im Rahmen des Heilpflanzen-Quiz der Flora von Bayern verwendet.

Für die Zukunft bleibt noch einiges zu tun: Die Darstellung der Bilder im Portal muss verbessert werden, weitere Informationen zu Copyright und Lizenzen sollen ergänzt werden. Um die für die Flora von Bayern wichtigen Detail-Informationen zu den punktgenauen historischen Fundorten und ausführlichen Habitatbeschreibungen der rund 800 auf den Karteikarten dokumentierten naturschutz-relevanten Sippen in Bayern ergänzen zu können, ist weiteres ehrenamtliches Engagement oder eine Finanzierung durch am Thema interessierte Sponsoren nötig. Informationen zu im Sinne des Naturschutzes sensiblen punktgenauen Angaben zu Fundorten sollen in der online-Ansicht gesperrt bleiben.



Literatur

Hegi, G. 1906 ff: Gustav Hegi. Illustrierte Flora von Mittel-Europa mit besonderer Berücksichtigung von Deutschland, Oesterreich und der Schweiz zum Gebrauche in den Schulen und zum Selbstunterricht. Verschiedene Herausgeber und Auflagen..
Lippert, W. 2002: Jürgen Schimmitat 1927 - 2001. In: Berichte der Bayerischen Botanischen Gesellschaft. Bd. 72, S. 215 - 217 (http:/​/​www.​bbgev.​de/​berichte/​072_​2002/​nachruf_​juergen_​schimmitat.​pdf).
T. Tutin, V. Heywood, N. Burges, D. Valentine, S. Walters &  D. Webb (Hrsg.) 1980: Flora Europaea. Bd. 1–5, Cambridge University Press, Cambridge (1964–1980).